Jusos Tuttlingen

 

Pressemitteilung zum Leserbrief "Kernkraft: Jusos haben Scheuklappen"

Veröffentlicht in Pressemitteilungen

04.10.07

Zum Leserbrief "Kernkraft: Jusos haben Scheuklappen" (Gränzbote, 01.10.07)

Wenn man sich über die Energieversorgung der Zukunft Gedanken macht, gehört es dazu ganz pragmatisch abzuwägen. Und ein Argument für den Atomausstieg nun einmal ist die ungelöste Endlagerung. Seit längerem wird aus dem konservativen Lager versucht, Klimawandel und Kernkraft gegeneinander auszuspielen.

Dabei sind Klimaschutz und Atomausstieg kein Widerspruch- im Gegenteil. Es ist möglich, dass wir in Baden-Württemberg bis 2020 den CO2-Ausstoß um die Hälfte verringern und gleichzeitig den Atomstrom durch alternative Energien ersetzen. Thomas Knapp MdL bewies dies uns Jusos bei der Vorstellung des Klimaschutzkonzeptes der SPD-Landtagsfraktion auf unserem energiepolitischen Seminar in Waldshut.

Maria-Lena Weiß vermisste in unserer Pressemitteilung Alternativen zur Kernenergie. Ich liefere an dieser Stelle gerne ein paar Argumente nach.

Derzeit gibt es in Baden-Württemberg 4,8 Mio. Wohnungen mit zusammen 431 Mio. Quadratmetern. Diese verbrauchen im Schnitt 14 Liter Heizöl pro Quadratmeter. Das Bundesprogramm zur energetischen Gebäudesanierung hat eine Entwicklung in Gang gesetzt, die große Einsparungen an Energie ermöglicht. Zusätzlich zum Bundesprogramm zur energetischen Gebäudesanierung muss jedoch das Land diesen Trend zur energetischen Gebäudesanierung stärker unterstützen. Vor allem die ältesten Gebäude müssen endlich mit erneuerbaren Energien modernisiert und wärmegedämmt werden. Ein weiterer Baustein bei der Wärmeerzeugung ist die Solarthermie, also die Warmwasserbereitstellung aus Sonnenenergie. Auch hier könnte das Land bessere Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel eine Änderung der Bauvorschriften, setzen. Wenn bis 2020 auf jedem zweiten Wohnhaus in Baden-Württemberg eine solarthermische Anlage installiert ist, können 864 Mio. Liter Heizöl eingespart und damit 2,7 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden.

Außerdem muss die Inanspruchnahme von Landesmitteln zur Wohnraumförderung und Gebäudesanierung muss an die Nutzung erneuerbarer Energien geknüpft werden. Darüber hinaus hat das Land bei der energetischen Sanierung eine Vorbildfunktion. Es ist Eigentümer von 8500 Gebäuden. Durch Wärmedämmung und den Einbau moderner Heizungsanlagen können alle landeseigenen Gebäude auf einen Stand von 5 Litern Ölverbrauch pro Quadratmeter, was den Standards für heutige Neubauten entspricht, gebracht werden.

Gerade im ländlichen Raum wird die Biomassenutzung und die Biogaserzeugung künftig eine noch größere Rolle spielen. Die technischen Fortschritte auf diesem Gebiet müssen intensiver in praktische Anwendungen umgesetzt werden. Mit der Errichtung von 1.200 Biogasanlagen von jeweils 1 MW elektrischer Leistung bis 2020 ließen sich jährlich 9,6 Mrd. kWh Strom erzeugen, was ein ganzes Atomkraftwerk komplett ersetzen könnte. Gleichzeitig aber ließen sich etwa 8 Mrd. kWh Wärme nutzen, die eine CO2-Einsparung von 2 Mio. Tonnen erbrächte.

Auch bei der Stromerzeugung gibt es noch viel Potential für erneuerbare Energien. Allein die Errichtung von 2.000 Windkraftanlagen bis 2020 erbrächte eine installierte Leistung von ca. 4.000 MW und würde gegenüber fossilen Energien 5,7 Mio. Tonnen CO2 einsparen. In Baden-Württemberg ist das Potential der Windkraft noch lange nicht ausgenutzt, weil die Landesregierung ihren Ausbau durch ein restriktives Planungsrecht blockiert. Somit werden auch Investoren verjagt. Außerdem sollten grundsätzlich alle Dachflächen landeseigener Gebäude an Investoren zur Nutzung mittels Photovoltaikanlagen vermieten werden.

Die drei Atommeiler, die bis 2020 in Baden-Württemberg vom Netz gehen werden, erzeugen zusammen 25,1 Mrd. kWh jährlich. Doch allein durch die Stromerzeugung aus Biogas, Biomasse und Photovoltaik seien 16,5 Mrd. kWh bis 2020 ersetzbar. Hinzu kommt das Potential aus der Geothermie, mit der schon heute auch Strom erzeugt wird. Auch der Zubau eines oder zweier Gas- und Dampfkraftwerke auf Erdgasbasis könne Atomstrom ersetzen. Die zusätzlichen Emissionen dieser Kraftwerke würden durch die Effizienzsteigerungen der heute schon bestehenden Strom- und Wärmekraftwerke auf Erdgasbasis und den Wechsel von Heizölheizungen zu Erdgasheizungen bezüglich der Klimagase kompensiert.

 

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